Osteopathie für Schreibabys
Johanna war sehr beunruhigt, als Sie in unsere Praxis kam. Ihre Tochter Lena (3 Monate) schrie ungewöhnlich viel und wirkte, als hätte sie starke Schmerzen. Die vorab erfolgte Konsultation des Kinderarztes hatte keine Auffälligkeiten gezeigt. Der empfohlene entblähende Tee brachte auch keine Besserung.
Da der Besuchsgrund Schreibaby in unsere Praxis zugenommen hat, möchte ich dies einmal zum Anlass nehmen, etwas über die Ursachen des exzessiven Säuglingsschreiens zu schreiben.
Was ist ein Schreibaby?
Das einige Baby mehr schreien als andere ist hinlänglich bekannt. In der Vergangenheit ging man davon aus, das die Kleinen zu viel Luft im Bauch hatten und dies Bauchschmerzen verursachte. Hier wissen wir mittlerweile, dass nicht die Luft im Bauch die Bauchschmerzen auslöst, sondern durch das exzessive Schreien vermehrt Luft geschluckt wird, die dann zu einem aufgeblähten Bauch führt.
Übermäßiges Schreien, auch unter der Bezeichnung „Dreimonatskolik“ bekannt, ist eines der verbreitetsten Probleme im frühen Säuglingsalter. Da die auslösenden Faktoren vielfältig sein können, ist eine gründliche osteopathische Diagnostik wichtig.
Die Ursache: Wie kommt es zu einem Schreibaby?
Schreien ist die Kommunikation des Säuglings. Wenn ein Baby schreit, gibt es dafür verschiedene Gründe. Meistens hat es einfach nur Hunger, möchte Zuwendung, oder stört sich an seiner nassen Windel.
Es kann aber immer auch einen anderen Auslöser geben.
Grundlegend kann man Schreien dabei in drei Kategorien einteilen:
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Physiologisches Schreien als Möglichkeit der Kommunikation („Ich habe ein Bedürfnis“)
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Pathologisches Schreien aufgrund von Schmerzen, Erkrankung oder einer anderweitigen organischen Ursache
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Unspezifisch, es gibt keine ersichtliche Ursache
Physiologisches Schreien
Die Ursache für ein physiologisches Schreien ist meist harmlos. Das Baby möchte uns Mitteilen, dass es ein Bedürfnis hat:
Hunger: In den ersten drei Lebensmonaten möchten Säuglinge alle 2 – 4 Stunden Nahrung. Eine inadäquate Nahrungsaufnahme, zum Beispiel durch eine Saugstörung kann dazu führen, dass das Baby trotz regelmäßiger Fütterung hungrig bleibt.
Hygiene: Eine nasse oder volle Windel schränkt die Lebensqualität ungemein ein. Teilweise erkennt man aber auch Ausschläge im Windelbereich, die auf eine Infektion hindeuten. Dies muss dann diagnostisch weiterführend abgeklärt werden.
Temperatur: Ähnlich wie beim erwachsenen, mögen Baby zum Schlafen eine Temperatur von etwa 18°C. Die generelle Raumtemperatur sollte bei etwa 20°C liegen. Ist dem Baby zu kalt, weint es häufiger. Auch eine Überhitzung, auch wenn diese deutlich seltener vorkommt, sollte ausgeschlossen werden. Zwischen den Schulterblättern Ihres Babys können Sie sehr gut die Temperatur tasten und feststellen, ob ihm zu warm oder zu kalt ist.
Müdigkeit: Wenn wir müde sind, werden wir quengelig. Das ist beim Baby nicht anders. Darüber hinaus schläft ein Baby viel mehr als wir. 14 – 18 Stunden gelten hier als normale Bandbreite. In den ersten Lebensmonaten schlafen Säuglinge etwa alle 2 – 4 Stunden. Ab dem 3. Monat entwickelt sich ein Tag-Nacht-Rhythmus, mit 4 – 5 Stunden Nachtschlaf und etwa 4 kurzen Schläfchen am Tag. Bekommt ein Baby nicht genügend Schlaf, führt das zu einer Übermüdung.
Bedürfniserkennung: Aufgabe der betreuenden Person ist es, zu erkennen, was der Säugling braucht. Eltern entwickeln meist schnell ein Gespür dafür, ob das Baby müde oder hungrig ist. Legt man jedoch ein hungriges Baby schlafen, kann es seinen Unmut durch Schreien kundtun.
Pathologisches Schreien
Im Rahmen der pathologischen Diagnostik stellt sich zuerst die Frage nach dem zeitlichen Rahmen. Trat das übermäßige Schreien akut auf, so ist dies alarmierender, als wenn das Baby bereits über Wochen in hoher Frequenz schreit. Hier muss zeitnah eine Ursache gefunden werden, die natürlich auch physiologische Hintergründe haben kann. So kann der Säugling seit kurzem an Schlafmangel leiden, weil bauliche Maßnahmen den Schlaf stören.
Finden sich neben dem exzessiven Schreien die folgenden Symptome, gilt es vorab eine ärztliche Untersuchung durchzuführen:
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Abnorme Körpertemperatur; zu hoch oder zu tief
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erhöhte Puls
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schlechte Durchblutung
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Nahrungsverweigerung
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Schlechter Augenkontakt
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Lethargie oder Hyperaktivität
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vorgewölbte oder eingesunkene Fontanelle
Traumata
Ein Unfall kann eine naheliegende Ursache für Schreianfälle sein, leider muss man aber auch immer auf die Folgen von Misshandlung achten. Da ein Säugling noch nicht laufen kann, ist ein Bluterguss vom Hinfallen eher unwahrscheinlich. Therapeutisch ist hier das Erfragen der Entstehung unabdingbar. Es sind schon häufig Kinder vom Wickeltisch gefallen, ohne das es eine böse Absicht des Betreuenden gab und man merkt den Eltern an, wie unangenehm ihnen dieser Vorfall wahr. Aufmerksam sollte man hingegen werden, wenn sich Hämatome und Abschürfungen im Gesicht, Genital- und/oder Analbereich finden, da hier das Vorliegen einer absichtlichen Verletzung naheliegt.
Unspezifisches Schreien
Mechanische Ursachen
Als Erwachsener gehen wir zum Osteopathen, wenn uns zum Beispiel der Rücken wehtut. Als Ursache wird dann vielleicht ein schiefsitzender Wirbel identifiziert. Natürlich kann so etwas auch einem Baby widerfahren. Dieses kann uns allerdings nicht sagen, das es einen „stechenden Schmerz zwischen den Schulterblättern“ habe. Im rahmen einer Kaiserschnitt-Entbindung und den sich abrupt ändernden Druckverhältnissen kommt es immer wieder vor, dass die Schädelnähte nicht korrekt ineinander sitzen. Das daraus auch Kopfschmerzen resultieren können, liegt auf der Hand.
Gastroenterologische Ursachen
Lange Zeit wurde eine Überblähung des Abdomens, aufgrund von vermehrter Luft im Bauch als Ursache für das übermäßige Schreien herangezogen. Wir gehen mittlerweile aber davon aus, dass nur etwa 5% auf eine rein gastrointestinale Ursache zurückzuführen ist. Hierzu zählen auch Unverträglichkeiten, wie eine Laktoseintoleranz
Ihre Experten zum Thema Schreibaby im Osteoversum
Gebhard Hamborg
HP Osteopathie
(Kinderosteopathie)
Anne Kelz
HP Osteopathie (Kinderosteopathie)
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