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Vestibulopathie aus Sicht der Osteopathie.

Aktualisiert: 28. Okt.


Vestibulopathie

Inhalt dieser Seite:




Vestibulopathie: Wenn der Gleichgewichtssinn aus dem Takt gerät.


Haben Sie schon einmal das Gefühl gehabt, dass sich alles um Sie dreht, obwohl Sie sich nicht bewegen? Oder sind Sie plötzlich beim Aufstehen oder Gehen ins Schwanken geraten, als ob Sie Ihr Gleichgewicht verloren hätten? Solche Erlebnisse können Anzeichen einer Vestibulopathie sein – einer Störung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr.

 

Aber was genau bedeutet das, wenn der Gleichgewichtssinn gestört ist? Was steckt hinter einer Vestibulopathie, welche Symptome treten auf und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? In diesem Artikel möchte ich Ihnen einen Einblick geben und aufzeigen, wie unser Gleichgewichtssystem funktioniert, warum es aus dem Takt geraten kann und Osteopathie helfen kann.


Was ist eine Vestibulopathie?


Der Begriff „Vestibulopathie“ setzt sich aus den Wörtern „Vestibulum“ (lateinisch für „Vorhof“, ein Teil des Gleichgewichtsorgans im Innenohr) und „Pathie“ (griechisch für „Leiden“) zusammen. Es handelt sich also um eine Erkrankung des Vestibularsystems, das für unser Gleichgewicht und die Orientierung im Raum verantwortlich ist. Genauer gesagt: Das Vestibularsystem im Innenohr nimmt Bewegungen und Lageänderungen des Kopfes wahr und gibt diese Informationen an das Gehirn weiter. Zusammen mit den Augen und der Tiefensensibilität (dem Gefühl für die Lage der eigenen Gliedmaßen) sorgt es dafür, dass wir uns sicher und stabil bewegen können.

 

Wenn dieses System gestört ist, spricht man von einer Vestibulopathie. Das kann unterschiedliche Ursachen haben, etwa Entzündungen, altersbedingte Abnutzungen, Traumata (wie Kopfverletzungen) oder Durchblutungsstörungen. Auch bestimmte Medikamente können das Gleichgewichtssystem beeinträchtigen.



Wie funktioniert das Gleichgewichtssystem?


Um besser zu verstehen, was bei einer Vestibulopathie schiefgeht, lohnt es sich, das Gleichgewichtssystem genauer unter die Lupe zu nehmen. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem fahrenden Auto. Auch ohne aus dem Fenster zu schauen, wissen Sie, dass sich das Auto in Bewegung setzt oder bremst. Das liegt daran, dass Ihr Vestibularsystem, genauer gesagt die Bogengänge im Innenohr, Bewegungen des Kopfes in alle Richtungen registriert. Diese Bogengänge sind mit Flüssigkeit gefüllt und besitzen winzige Haarzellen, die durch die Bewegung der Flüssigkeit stimuliert werden. Sie geben Signale an das Gehirn, das die Informationen mit den visuellen Eindrücken und der Körperwahrnehmung abgleicht.

 

Auch die Otolithenorgane im Innenohr spielen dabei eine Rolle: Diese kleinen Kalksteinchen reagieren auf lineare Bewegungen, wie etwa das Vor- und Zurücklehnen oder das Aufstehen. All diese Signale werden dann im Gehirn verarbeitet und helfen uns dabei, uns im Raum zu orientieren, unser Gleichgewicht zu halten und uns sicher zu bewegen.



Welche Symptome hat die Vestibulopathie?


Ist das Gleichgewichtssystem gestört, treten unterschiedliche Symptome auf. Zu den häufigsten Beschwerden gehören:

 

  • Schwindel: Ein zentrales Symptom der Vestibulopathie ist der Schwindel. Viele Betroffene beschreiben es als ein Gefühl, als würde sich alles um sie herum drehen oder sie selbst würden schwanken. Dies wird oft als „Drehschwindel“ bezeichnet und kann sehr beängstigend sein.

 

  • Gangunsicherheit: Da das Gehirn die Bewegungsinformationen nicht mehr korrekt verarbeiten kann, fällt es schwer, sich sicher zu bewegen. Die betroffenen Personen schwanken oft beim Gehen oder verlieren beim Stehen das Gleichgewicht.

 

  • Übelkeit und Erbrechen: Schwindel und die Desorientierung können dazu führen, dass Übelkeit auftritt. Manchmal geht dies sogar bis zum Erbrechen.

 

  • Kopfschmerzen: Häufig treten auch Kopfschmerzen auf, die durch die Anstrengung entstehen, das Gleichgewicht wiederzufinden.

 

  • Augenzittern (Nystagmus): Da das Gleichgewichtssystem auch mit den Augen verknüpft ist, kann es zu unwillkürlichen Augenbewegungen kommen, die sogenannte Nystagmen.

 

All diese Symptome können sowohl akut auftreten – zum Beispiel bei einem plötzlichen Schwindelanfall – als auch chronisch sein. In vielen Fällen kommt es bei den Betroffenen zu einer Verschlechterung der Lebensqualität, da sie sich unsicher fühlen und oft Angst haben, zu stürzen.



Welche Ursachen hat die Vestibulopathie?

 

Die Ursachen für eine Vestibulopathie sind vielfältig. Eine der häufigsten ist der „benigne paroxysmale Lagerungsschwindel“, kurz BPLS, eine Störung, bei der kleine Kristalle im Innenohr verrutschen und dadurch die Sinneszellen in den Bogengängen reizen. Betroffene leiden unter plötzlichen, heftigen Schwindelattacken, oft ausgelöst durch bestimmte Bewegungen des Kopfes.

 

Eine andere häufige Ursache ist die „Vestibularneuritis“, eine Entzündung des Gleichgewichtsnervs, die oft von einem Virus verursacht wird. Diese Erkrankung führt zu akutem Schwindel, der meist mehrere Tage anhält.

 

Auch „Morbus Menière“, eine Erkrankung, bei der sich zu viel Flüssigkeit im Innenohr ansammelt, kann eine Vestibulopathie auslösen. Die Betroffenen leiden typischerweise unter plötzlichen Schwindelanfällen, Hörverlust und einem Druckgefühl im Ohr.


HNO und Osteopathie

Diagnostik: Wie wird eine Vestibulopathie festgestellt?

 

Die Diagnose einer Vestibulopathie erfordert eine genaue Untersuchung des Gleichgewichtsorgans und der damit verbundenen Nervenbahnen. Initial werden diese Tests in einer HNO-Praxis durchgeführt. Zu den häufigsten Untersuchungsmethoden gehören:

 

  • Gleichgewichtstests: Dabei prüft der Arzt, wie gut der Patient sein Gleichgewicht halten kann, zum Beispiel durch das Stehen auf einem Bein oder das Gehen in einer geraden Linie.

 

  • Vestibuläre Tests: Hierbei kommen spezielle Verfahren zum Einsatz, die das Gleichgewichtssystem direkt überprüfen. Ein Beispiel ist der Kalorische Test, bei dem warmes oder kaltes Wasser ins Ohr gegeben wird, um den Schwindel auszulösen und die Reaktion des Gleichgewichtsnervs zu messen.

 

  • Videonystagmografie: Bei dieser Untersuchung werden die Augenbewegungen aufgezeichnet, um unwillkürliche Zuckungen (Nystagmen) festzustellen, die auf eine Störung im Gleichgewichtssystem hinweisen.

 

In manchen Fällen können auch bildgebende Verfahren wie ein MRT notwendig sein, um strukturelle Veränderungen im Gehirn oder Innenohr auszuschließen.



Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

 

Die Behandlung einer Vestibulopathie hängt von der Ursache ab. In vielen Fällen ist eine gezielte physiotherapeutische Behandlung notwendig, um das Gleichgewichtssystem zu trainieren. Diese spezielle Form der Physiotherapie nennt sich vestibuläre Rehabilitation und zielt darauf ab, das Gehirn wieder an die korrekte Verarbeitung der Bewegungsinformationen zu gewöhnen.

 

Bei einer benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPLS) helfen sogenannte Lagerungsmanöver, bei denen der Patient bestimmte Kopfbewegungen ausführt, um die verrutschten Kristalle wieder an ihren Platz zu bringen.

 

Auch Medikamente können in akuten Phasen helfen, die Symptome zu lindern. In schweren Fällen von Morbus Menière kann eine Operation notwendig sein, um den Druck im Innenohr zu verringern.



Behandlungsmöglichkeiten in der Osteopathie.


Neben der schulmedizinischen Behandlung hat sich auch die Osteopathie als eine wirksame Therapie bei Vestibulopathie bewährt. Osteopathen betrachten den Körper als Einheit und gehen davon aus, dass Störungen im Gleichgewichtssystem auch mit Verspannungen, Fehlhaltungen oder Blockaden in anderen Körperbereichen zusammenhängen können. Die osteopathische Behandlung setzt daher nicht nur im Bereich des Innenohrs an, sondern bezieht den gesamten Körper mit ein, um die Funktionsstörungen zu beheben und das Gleichgewicht wiederherzustellen.


Ein Osteopath wird zunächst eine gründliche Untersuchung durchführen, um festzustellen, ob strukturelle oder funktionelle Einschränkungen vorliegen, die zu den Symptomen der Vestibulopathie beitragen könnten. Dabei werden nicht nur das Kopf- und Nackenareal, sondern auch der Brustkorb, das Zwerchfell und die Wirbelsäule untersucht. Häufige Ursachen von Schwindel, die osteopathisch behandelt werden können, sind zum Beispiel Verspannungen in der Nackenmuskulatur oder Blockaden in der Halswirbelsäule.



Hilft Osteopathie bei Vestibulopathie?


Wie kann Osteopathie bei Vestibulopathie helfen?


  1. Lösen von Verspannungen und Blockaden: Häufig tragen muskuläre Verspannungen im Nacken- und Kopfbereich zu den Symptomen einer Vestibulopathie bei. Der Osteopath setzt sanfte manuelle Techniken ein, um diese Verspannungen zu lösen und die Beweglichkeit der Wirbelgelenke wiederherzustellen. Durch die Entspannung der Muskulatur wird der Druck auf Nervenbahnen reduziert, was eine Linderung der Schwindelsymptome bewirken kann.

  2. Verbesserung der Durchblutung und des Lymphflusses: Eine eingeschränkte Durchblutung, vor allem im Bereich des Kopfes und des Innenohrs, kann ebenfalls Schwindel auslösen. Osteopathische Techniken, die die Durchblutung fördern und den Lymphfluss anregen, können das Gleichgewichtssystem entlasten und den Heilungsprozess unterstützen.

  3. Förderung der Selbstregulation des Körpers: Die Osteopathie zielt darauf ab, die natürlichen Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren. Durch die manuelle Arbeit an Muskeln, Gelenken und Bindegewebe wird die Beweglichkeit verbessert und das Nervensystem entlastet. Der Körper kann so besser auf Störungen reagieren und beginnt, sich selbst zu regulieren.

  4. Unterstützung des Nervensystems: Da das Vestibularsystem eng mit dem zentralen Nervensystem verknüpft ist, kann eine osteopathische Behandlung das Nervensystem beruhigen und so helfen, die Reizüberflutung durch den Schwindel zu reduzieren.



Ein ganzheitlicher Ansatz


Osteopathen betrachten die Symptome einer Vestibulopathie nicht isoliert, sondern immer im Zusammenhang mit dem gesamten Körper. Da Schwindel oft nicht nur physische, sondern auch emotionale Auswirkungen hat, wie z. B. Angst vor Stürzen, wird in der Osteopathie auch auf die Entspannung und das Wohlbefinden des Patienten geachtet. Durch gezielte Techniken kann die Osteopathie nicht nur die körperlichen Ursachen behandeln, sondern auch dazu beitragen, das allgemeine Stressniveau zu senken, was sich positiv auf die Genesung auswirkt.



Ein Beispiel aus der Praxis: HNO-Ärztin und Osteopath arbeiten Hand-in Hand


Nehmen wir das Beispiel einer 58 jährigen Patientin. Sie litt seit Wochen unter plötzlichen Schwindelattacken, die vor allem beim Aufstehen und Hinlegen auftraten. Jede Bewegung fühlte sich an, als würde sich der Raum um sie herum drehen. Sie war unsicher beim Gehen und hatte Angst, zu stürzen. Ihr Hausarzt überwies sie an eine HNO-Praxis. Die Ärztin hatte nach einigen Tests den Verdacht auf benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel. Mit gezielten Lagerungsmanövern konnte sie ihr innerhalb weniger Sitzungen helfen, und sie war wieder in der Lage, sich sicher zu bewegen.

Neben der schulmedizinischen Behandlung überwies die HNO-Ärztin ihre Patientin anschließend in unsere Praxis für eine osteopathische Therapie, um ihre Schwindelattacken langfristig in den Griff zu bekommen. Hier stellten wir fest, dass sie aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit als Bürokraft häufig eine angespannte Nackenmuskulatur hatte. Zusätzlich diagnostizierten wir eine Blockade in der Halswirbelsäule, die möglicherweise den Schwindel verstärkte. Durch gezielte Mobilisationstechniken und sanfte Manipulationen der Wirbelsäule konnten die Verspannungen gelöst werden und die Beweglichkeit der Halswirbelsäule wiederhergestellt werden. Zusätzlich bekam Sie ein Übungsprogramm zur gezielten Mobilisation von HWS und Thorax, sowie unterstützenden Kräftigungsübungen an die Hand. Nach einigen Behandlungen berichtete uns die Patientin von einer deutlichen Verbesserung ihres Gleichgewichtssinns. Der Schwindel war mittlerweile komplett verschwunden.



Fazit:


Eine Vestibulopathie kann das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen, ist jedoch in den meisten Fällen gut behandelbar. Das Verständnis für die Funktionsweise des Gleichgewichtssystems und die möglichen Ursachen von Störungen ist der erste Schritt, um die Symptome zu erkennen und sich frühzeitig in Behandlung zu begeben. Sollten Sie also häufiger Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen erleben, zögern Sie also nicht, ärztlichen Rat einzuholen.


Ergänzend bietet Osteopathie einen ganzheitlichen Ansatz zur Behandlung von Vestibulopathien, der den Körper in seiner Gesamtheit betrachtet. Vor allem bei funktionellen Störungen des Bewegungsapparates, die den Schwindel mitverursachen, kann die osteopathische Behandlung eine wertvolle Ergänzung zur schulmedizinischen Therapie sein. Indem Osteopathen Blockaden lösen, die Durchblutung fördern und das Nervensystem unterstützen, tragen sie dazu bei, das Gleichgewichtssystem wieder ins Lot zu bringen und Betroffenen den Alltag zu erleichtern.

Sollten Sie also unter Schwindel und Gleichgewichtsstörungen leiden, könnte es sinnvoll sein, eine osteopathische Untersuchung in Betracht zu ziehen. In vielen Fällen ist die Kombination aus schulmedizinischer und osteopathischer Behandlung besonders erfolgversprechend.

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1 comentario

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maria-hh1
24 oct
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Vielen Dank für den Beitrag. Ich lese Ihr Magazin immer sehr interessiert. Könnten Sie mal etwas über Restless Legs schreiben. Das betrifft mich leider.

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