Inhaltsverzeichnis:
Viele Menschen stehen früher oder später vor der Entscheidung, ob sie für ihre Beschwerden lieber einen Termin in der Osteopathie oder in der Chiropraktik vereinbaren sollten. Beide Fachrichtungen gehören zu den sogenannten „manuellen Therapien“, bei denen also in erster Linie mit den Händen gearbeitet wird, um Beschwerden zu lindern und die körperliche Funktionsfähigkeit zu verbessern. Doch worin genau unterscheiden sich diese beiden Behandlungsformen, und welche Methode kann wann helfen? Im Folgenden möchten wir Ihnen einen umfassenden Einblick geben, damit Sie für sich selbst eine informierte Entscheidung treffen können. Bitte beachten Sie, dass es sich dabei um allgemeine Informationen handelt, die keinen Besuch bei einem Arzt, Osteopathen oder Chiropraktiker ersetzen.
Osteopathie vs. Chiropraktik: Ursprünge und Entwicklung
Entstehung der Osteopathie
Die Osteopathie wurde im späten 19. Jahrhundert von dem amerikanischen Arzt Dr. Andrew Taylor Still begründet. Er war überzeugt davon, dass der menschliche Körper eine Einheit bildet, dass er über starke Selbstheilungskräfte verfügt und dass die Struktur und die Funktion des Körpers eng miteinander verknüpft sind.
Im Jahr 1874 präsentierte Dr. Still seine osteopathische Methode erstmals der Öffentlichkeit. Eine formale Ausbildung war zunächst nicht möglich, bis er 1892 in Kirksville (Missouri, USA) die erste osteopathische Ausbildungsstätte gründete: das American School of Osteopathy. Damit legte er den Grundstein für ein ganzheitliches Behandlungskonzept, das bis heute vor allem in Europa und Nordamerika weit verbreitet ist.
Entwicklung der Chiropraktik
Ungefähr zur gleichen Zeit, nämlich 1895, entwickelte Daniel David Palmer die Chiropraktik. Aus seiner Sicht waren viele Erkrankungen auf Fehlstellungen der Wirbel zurückzuführen, die den Fluss von Nervenimpulsen im Körper stören. Indem man diese Wirbel wieder in ihre natürliche Position bringe, könne man diverse gesundheitliche Probleme lindern oder sogar ganz beheben.
Zwei Jahre später, 1897, gründete Palmer das Palmer College of Chiropractic und legte damit den Grundstein für die Verbreitung dieser Disziplin. Auch heute gehört das Palmer College zu den renommiertesten Ausbildungseinrichtungen für Chiropraktik weltweit.
Der Körperkompass
Gesundheitswissen aus der Osteopathie-Praxis
Bestell-Nr. 1582ISBN-13: 978-3-8434-1582-8
248 Seiten, 154 x 205 mm, broschiert, mit zahlreichen farbigen Abbildungen
Erscheinungsdatum: 23.01.2025
Grundprinzipien der Osteopathie und Chiropraktik
Die Osteopathie betrachtet den Körper in seiner Gesamtheit. Das heißt, der Osteopath oder die Osteopathin widmet sich nicht nur einem einzelnen Schmerzpunkt oder Symptom, sondern versucht, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Körperregionen und Systemen zu erkennen. Dabei geht man davon aus, dass eine Störung in einem Bereich des Körpers auch andere Bereiche beeinflussen kann.
Ein Beispiel: Schmerzen im unteren Rücken können aus Sicht der Osteopathie nicht nur von einem einzelnen Lendenwirbel herrühren, sondern auch von Verspannungen in den Muskeln, von Fehlhaltungen, von Darmproblemen oder gar von einer alten Verletzung in einem anderen Körperteil. Ziel ist stets, das körperliche Gleichgewicht (die sogenannte „Homöostase“) wiederherzustellen und die körpereigenen Selbstheilungskräfte zu unterstützen.
Fokus der Chiropraktik auf die Wirbelsäule
In der Chiropraktik steht vor allem die Wirbelsäule im Fokus. Dort, so die Annahme, können Fehlstellungen (auch Subluxationen genannt) dazu führen, dass Nervenbahnen blockiert werden. Da das Nervensystem für die Steuerung aller Körperfunktionen essenziell ist, legen Chiropraktikerinnen und Chiropraktiker Wert darauf, diese Fehlstellungen zu beheben.
Die Hauptmethode der Chiropraktik ist die manuelle „Justierung“ oder auch „Adjustment“: Mit gezielten, schnellen Impulsen soll der Wirbel in seine natürliche Position zurückgebracht werden. Dabei kann es hörbar „knacken“, was viele Patientinnen und Patienten als befreiend empfinden. Diese Technik ist teilweise auch in der Osteopathie zu finden, doch die Chiropraktik legt in der Regel einen größeren Schwerpunkt auf das „Knacken“.
Die osteopatischen und chiropraktischen Behandlungsmethoden im Vergleich
Methoden in der Osteopathie
Osteopathen und Osteopathinnen haben eine breite Palette an Techniken zur Verfügung, um Funktionsstörungen des Körpers zu behandeln. Dazu gehören unter anderem:
Weiche Gewebe-Techniken: Sanfte Dehnungen und Druckanwendungen auf Muskeln und Bindegewebe, um Verspannungen zu lösen.
Gelenkmobilisation: Langsame, wiederholte Bewegungen, die die Beweglichkeit eines Gelenks verbessern sollen.
Muskel-Energie-Techniken: Die Patientin oder der Patient spannt bestimmte Muskeln kontrolliert an und entspannt sie wieder, während die Osteopathin oder der Osteopath leichten Widerstand leistet.
Kraniosakrale Therapie: Eine sehr sanfte Methode, bei der die Rhythmen der Schädelknochen und des Kreuzbeins erspürt und ausgeglichen werden.
HVLA-Thrusttechniken („Einrenken“): Kurze, schnelle Bewegungen, um blockierte Gelenke, beispielsweise in der Wirbelsäule, zu lösen.
Neuromobilisation: Sanfte Bewegungen, die auf den Verlauf von Nervenbahnen abzielen, um Irritationen zu lindern.
Strain-Counterstrain-Techniken: Eine Methode, bei der schmerzhafte Punkte durch bestimmte Körperpositionen entlastet und neu „programmiert“ werden.
In der Osteopathie spielt zudem die Atmung eine große Rolle, und viele Osteopathen betrachten auch innere Organe und deren Durchblutung mit in die Behandlung ein. Je nach individueller Ausbildung und Berufserfahrung können sich die Schwerpunkte einzelner Behandlerinnen und Behandler stark unterscheiden. Manche setzen eher auf sehr sanfte Techniken, andere greifen auch einmal beherzt zu. Wenn Sie unsicher sind, welche Vorgehensweise zu Ihnen passt, scheuen Sie sich nicht, bei der Terminvereinbarung nachzufragen oder den Behandler beziehungsweise die Behandlerin direkt darauf anzusprechen.
Methoden in der Chiropraktik
Auch Chiropraktikerinnen und Chiropraktiker beginnen in der Regel mit einer ausführlichen Anamnese und Untersuchung, um Fehlstellungen der Wirbelsäule und des Beckens zu identifizieren. Die Kernmethode, das „Adjustment“, wird meist mit den Händen durchgeführt, kann aber auch mithilfe spezieller Geräte oder Tische erfolgen. Darüber hinaus sind noch folgende Verfahren gängig:
Traktion: Eine streckende Kraft wird angewendet, um Wirbelkörper und Gelenke zu entlasten.
Triggerpunkt-Therapie: Behandlung von Muskelverhärtungen, die in umgebende Bereiche ausstrahlen können.
Weichteilbehandlungen: Ähnlich wie bei der Osteopathie kann durch gezielte Massagegriffe die Muskulatur gelockert werden, um die Justierung zu erleichtern.
Mobilisation: Gelenke werden durch sanfte Bewegungen in ihrer natürlichen Funktion unterstützt.
Der Fokus liegt jedoch in vielen chiropraktischen Praxen klar auf der Wirbelsäule. Indem diese wieder ideal ausgerichtet wird, soll das Nervensystem optimal arbeiten können, wodurch sich laut chiropraktischem Ansatz viele Beschwerden bessern können.
Was passiert bei einem Termin?
Sowohl in der Osteopathie als auch in der Chiropraktik läuft eine Sitzung ähnlich strukturiert ab:
Anamnese: Zu Beginn findet ein ausführliches Gespräch statt. Hier möchte die Therapeutin oder der Therapeut möglichst viel über Ihre Krankengeschichte, Ihre Beschwerden und Ihre Lebensumstände erfahren.
Untersuchung: Im Anschluss wird Ihr Körper untersucht. Oft beobachtet man Ihre Haltung, tastet Muskeln und Gelenke ab und prüft die Bewegungsreichweite.
Diagnosestellung und Behandlungsplan: Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird eine Diagnose gestellt oder ein Verdacht geäußert, den man durch spezifische Tests weiter abklären kann. Dann wird gemeinsam entschieden, welches Vorgehen am sinnvollsten ist.
Behandlung: Die Behandlung besteht aus den zuvor ausgewählten manuellen Techniken. Dabei können Sie sich meist in bequemer Kleidung bewegen oder werden aufgefordert, bestimmte Positionen einzunehmen.
Empfehlungen für zu Hause: Oft bekommen Sie noch kleine Übungen, Dehnungen oder Tipps an die Hand, um den Therapieerfolg zu festigen.
Manche Menschen benötigen nur wenige Sitzungen, um eine deutliche Besserung zu verspüren. Andere benötigen einen etwas längeren Behandlungszeitraum, vor allem wenn die Beschwerden schon chronisch sind oder mehrere Bereiche des Körpers betroffen sind.
Für wen ist welche Methode geeignet?
Beide Therapieformen haben ihre Stärken:
Osteopathie bietet sich an, wenn Sie eine ganzheitliche Behandlung wünschen, die nicht nur den Bewegungsapparat, sondern auch innere Organe und deren wechselseitigen Einfluss berücksichtigt. Insbesondere bei chronischen Beschwerden, die in mehreren Körperregionen zusammenhängen, kann die Osteopathie gute Erfolge erzielen.
Chiropraktik empfiehlt sich besonders dann, wenn Ihre Beschwerden in erster Linie mit der Wirbelsäule zu tun haben. Typische Beispiele sind akute Rückenschmerzen, Nackenverspannungen, Bandscheibenprobleme oder Kopfschmerzen, die von der Halswirbelsäule ausgehen. Mit gezielten Adjustments können diese Probleme oft rasch gelindert werden.
Es ist wichtig zu betonen, dass keine der beiden Methoden grundsätzlich „besser“ oder „schlechter“ ist. Welche Therapie gerade für Sie hilfreich ist, hängt von Ihrem individuellen Beschwerdebild und Ihren persönlichen Vorlieben ab. Viele Menschen kombinieren sogar beide Ansätze und gehen beispielsweise zuerst zur Chiropraktik, um akute Schmerzen in den Griff zu bekommen, und lassen sich anschließend osteopathisch behandeln, um dem Körper wieder zu einem ganzheitlichen Gleichgewicht zu verhelfen.
Besonderheiten im Osteoversum
Im Osteoversum haben wir ein Team aus Osteopathinnen, Osteopathen und Chiropraktikern, die Hand in Hand zusammenarbeiten. Unsere Chiropraktiker, Sascha Bade und Hendrik Fisahn, haben neben ihrer chiropraktischen Ausbildung zusätzlich ein umfangreiches osteopathisches Studium absolviert. Dadurch sind sie in der Lage, das Beste aus beiden Welten zu vereinen und Ihnen eine vielseitige Behandlung anzubieten.
Wenn Sie unsicher sind, ob Sie lieber einen Termin in der Osteopathie oder bei einem Chiropraktiker vereinbaren sollten, können Sie dies jederzeit mit uns besprechen. Bei uns steht die Individualität jedes Patienten an erster Stelle. Nicht jedes Beschwerdebild ist gleich – vielleicht reicht schon eine kurze Anpassung der Wirbelsäule, vielleicht aber auch eine umfangreichere ganzheitliche Behandlung.
Woran erkennen Sie eine gute Praxis?
Ausbildung und Qualifikation: Achten Sie darauf, dass Ihre Behandlerinnen und Behandler eine fundierte Ausbildung genossen haben. In Deutschland ist der Beruf des Osteopathen noch nicht staatlich geregelt, weshalb es empfehlenswert ist, auf die Mitgliedschaft in anerkannten Verbänden oder den Abschluss an einer renommierten Schule zu achten. Gleiches gilt für Chiropraktiker.
Zeit für die Anamnese: Ein ausführliches Gespräch über Ihre Beschwerden und Ihre Lebensgeschichte ist entscheidend, um eine maßgeschneiderte Behandlung zu erhalten.
Angenehme Atmosphäre: Eine Praxis, in der Sie sich wohlfühlen, trägt wesentlich zum Erfolg der Therapie bei. Vertrauen ist hier ein Schlüsselwort.
Transparente Kommunikation: Eine gute Therapeutin oder ein guter Therapeut erklärt Ihnen verständlich, was sie oder er tut, warum es getan wird und welche Ziele damit verfolgt werden.
Zögern Sie nicht, vorab Fragen zu stellen oder sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Oft gibt es Infomaterial auf Websites oder Online-Bewertungen anderer Patientinnen und Patienten, die Ihnen Orientierung bieten können.
Wann sollten Sie aufpassen?
Obwohl Osteopathie und Chiropraktik im Allgemeinen als sehr sichere Behandlungsmethoden gelten, gibt es Situationen, in denen besondere Vorsicht geboten ist:
Akute Verletzungen (z. B. Knochenbrüche, frische Entzündungen) sollten meist zunächst schulmedizinisch abgeklärt und stabilisiert werden.
Schwere Erkrankungen wie Krebs, Osteoporose im fortgeschrittenen Stadium oder schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen können in bestimmten Fällen gegen eine manuelle Therapie sprechen.
Schmerzen unbekannter Ursache, die plötzlich und sehr stark auftreten, sollten erst einmal gründlich ärztlich untersucht werden, um schwerwiegende organische Ursachen auszuschließen.
Sowohl Osteopathen als auch Chiropraktiker werden Sie bei solchen Warnzeichen in der Regel an eine Ärztin oder einen Arzt verweisen, damit eine genaue Diagnose gestellt wird.
Unser Fazit
Ganzheitlichkeit: Osteopathie und Chiropraktik sind beides manuelle Therapien, die Wert darauflegen, nicht nur Symptome zu behandeln, sondern tieferliegende Ursachen zu finden und zu beheben.
Unterschiede: Während die Osteopathie den ganzen Körper (inklusive Organe und Faszien) in den Blick nimmt, liegt der Hauptfokus der Chiropraktik auf der Wirbelsäule und ihren Auswirkungen auf das Nervensystem.
Anwendungsgebiete: Beide können bei Rückenschmerzen, Verspannungen, Kopfschmerzen, Gelenkbeschwerden und anderen muskulär-skelettalen Problemen helfen.
Komplementarität: Oft ergänzen sich Osteopathie und Chiropraktik sehr gut. Wenn Sie nicht sicher sind, welche Methode zu Ihnen passt, können Sie sich jederzeit von Fachleuten beraten lassen.
Wie Sie sehen, sind Osteopathie und Chiropraktik zwei spannende Ansätze, die auf unterschiedlichen Prinzipien beruhen, aber ein gemeinsames Ziel verfolgen: Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden zu fördern. Bei uns im Osteoversum haben Sie die Möglichkeit, individuell herauszufinden, welcher Weg für Sie persönlich der Beste ist.
Comments